Samstag, 14. Dezember 2019

Von scheitern, überleben und versteckten Glück

Heute früh auf dem Weg zur Uni fiel der erste Schnee. 



Ich mag wenn es schneit. Das gibt es nicht oft bei uns hier oben. 
Alles ist dann unter einer dicken weißen Decke versteckt. Manches läßt sich noch erahnen vieles ist einfach verschwunden. Die Schritte der Welt werden leiser und langsamer. 
„Dieses Jahr darf der Schnee gerne zudecken“, ist mein erster Gedanke heute früh. Das kann man getrost abhaken und vergessen. 

Als meine Kinder noch klein waren und von ich sie noch ins Bett begleiten durfte, hatten wir abends ein Ritual. 
Vor dem Schlafengehen haben wir uns gegenseitig unsere Berge und Täler erzählt, hoch und tief. 
Jeder durfte eine Sache sagen die heute richtig blöd war und eine, die richtig gut war. 
Eine gute Gelegenheit sich noch mal zu sammeln, Bilanz zu ziehen, genau hinzusehen ob wirklich alles so blöd war, wie es sich anfühlt. 
Es gab auch immer mal Tage ohne Tiefs, aber selten welche ohne Hochs. 

Wenn ich jetzt auf die Woche, den Monat zurückblicke, fühlt sich das so an als hätte es mehr Tiefs gegeben als Hochs, aber ist das wirklich so? 
War das wirklich alles nur blöd? 
Natürlich nicht! 

Aber die Liste der Täler ist lang, scheitern und überleben ist anstrengend.
Es ist wie beim Fahrrad fahren. 
Ich fahre morgens auf meinem Weg zur Arbeit einen kleinen „Berg“ hoch. Der höchste Punkt liegt ziemlich genau auf der Hälfte des Weges. Gefühlt ist der Weg nach oben aber jedes Mal länger als der Weg runter, den ich mich nur rollen lasse. 

Wahrnehmung ist eben sehr subjektiv und Anstrengung hinterläßt, zumindest bei mir, einen deutlich intensiveren Eindruck als Entspannung. 

Das Gefühl meine mündliche Prüfung gut bestanden zu haben, verblasst vor dem, die Masterarbeit nicht dieses Jahr fertig zu bekommen.

All die Tage, die ich mit dem Rad bei Wind und Regen meinen Wege bestritten haben, scheinen wertlos, vor der Tatsache, dass das Projekt „autofrei“ jetzt mit der Anschaffung eines „Notfallautos“ scheitert.

Ich wünschte mir manchmal der Schnee könnte auch meine Gedanken einfach mal zudecken, alles leise und weiß pudern, still und schön. 

Vielleicht ist es aber auch einfach mal wieder Zeit für ein bißchen Berg und Tal Gedanken. 
Welche Berge hab ich erklommen, wo hat mir die Sonne ins Gesicht geschienen und gab es wirklich mehr Täler als Berge?